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Junge Deutsche fühlen sich von der Politik abgekoppelt, zeigt eine Studie

by WeLiveInDE
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Ein erheblicher Teil der jungen Menschen in Deutschland äußert sich skeptisch, ob sie politischen Wandel beeinflussen können. Dies geht aus einer umfassenden Umfrage hervor, die von der Bertelsmann-Stiftung in Auftrag gegeben wurde. Diese Studie, an der über 2,500 Teilnehmer im Alter von 16 bis 30 Jahren teilnahmen, wirft ein Licht auf die zunehmende Distanz zwischen jungen Menschen und dem politischen Establishment.

Begrenzter Glaube an politische Wirkung

Die Ergebnisse zeigen, dass nur 20 Prozent der jungen Deutschen glauben, dass ihr persönliches Engagement einen gesellschaftlichen oder politischen Unterschied machen kann. Fast 40 Prozent der Befragten glauben, dass die gesellschaftlichen Bedingungen unveränderlich sind, und fast die Hälfte gibt an, sich von der Größe der globalen Herausforderungen überfordert zu fühlen. Trotzdem unterstützt die Mehrheit weiterhin die Demokratie: Rund 61 Prozent halten sie für die beste Regierungsform, auch wenn sie ihre Unzulänglichkeiten einräumen.

Misstrauen und Beteiligungshindernisse

Die Studie zeigt, dass junge Menschen der Politik weithin misstrauen. Etwa 38 Prozent der Befragten gaben an, den politischen Institutionen nicht zu vertrauen. Viele sind der Meinung, dass die politischen Parteien die Anliegen der Jugendlichen ignorieren. Nur 8 Prozent waren der Meinung, dass Politiker die Ansichten junger Menschen wirklich berücksichtigen, und weniger als ein Zehntel glaubt, dass die politischen Parteien für ihre Ideen offen sind.

Hindernisse für politisches Engagement verschärfen das Problem noch weiter. Die Hälfte der Teilnehmer gab an, dass es nicht genügend Möglichkeiten gebe, sich über die Stimmabgabe hinaus zu engagieren. Viele nannten unklare Wege zum Engagement und übermäßige bürokratische Hürden als Gründe für ihr Desinteresse. Während fast die Hälfte der Befragten mit anderen über Politik diskutiert, teilen nur 15 Prozent politische Inhalte online, 12 Prozent nehmen an lokalen Demonstrationen teil und 9 Prozent engagieren sich dauerhaft ehrenamtlich.

Frustration der Jugend hat strukturelle Ursachen

Die Frustration junger Leute rührt nicht von einer Ablehnung der Demokratie her, sondern von Unzufriedenheit mit ihrer Umsetzung. Viele haben das Gefühl, dass ihre Stimme nicht gehört wird. Fast 50 Prozent der Befragten sind unzufrieden mit der Funktionsweise der Demokratie in Deutschland. Besonders ausgeprägt ist die Unzufriedenheit in Ostdeutschland, wo das Vertrauen in die politischen Systeme tendenziell geringer ist.

Rufe nach Veränderung: Die Kluft zwischen Jugend und Politik überbrücken

Experten argumentieren, dass die Förderung eines inklusiveren politischen Umfelds entscheidend ist, um diesen Trend umzukehren. Regina von Görtz, Expertin für Jugendengagement bei der Bertelsmann-Stiftung, betont, wie wichtig es sei, jungen Menschen das Gefühl zu geben, in politischen Prozessen wertgeschätzt zu werden. „Junge Menschen würden sich aktiver engagieren, wenn sie wüssten, dass ihre Bemühungen Wirkung haben und ihre Argumente gehört werden“, erklärte sie.

Von Görtz schlägt gezielte Initiativen vor, um diese Diskrepanz zu überwinden, wie etwa die Einrichtung von Jugendräten auf kommunaler Ebene. Diese Räte könnten jungen Menschen als Plattform dienen, um ihre Anliegen zu äußern und mit lokalen Entscheidungsträgern zusammenzuarbeiten. Erfreulicherweise äußerte sich ein erheblicher Teil der Befragten bereit, sich an Aktivitäten wie dem Unterschreiben von Petitionen oder der Teilnahme an Freiwilligenarbeit zu beteiligen, wenn sie klare Anleitung und Unterstützung erhielten.

Gemeinsame Interessen und Bestrebungen

Die Umfrage identifizierte auch Schlüsselthemen, die bei jungen Deutschen stark nachgefragt sind, darunter psychische Gesundheit, Bildung, Inflation und Weltfrieden. Rund 60 % der Befragten äußerten den Wunsch, mehr über gesellschaftliche und politische Themen zu erfahren, die für ihr Leben relevant sind. Dies deutet auf ein ungenutztes Potenzial für Engagement hin, wenn die richtigen Rahmenbedingungen vorhanden sind.

Um das Vertrauen wiederherzustellen und eine sinnvolle Beteiligung zu fördern, müssen politische Entscheidungsträger der Ansprache jüngerer Generationen Priorität einräumen. Transparente Kommunikation, zugängliche Wege zur Beteiligung und ein echtes Engagement für die Belange der Jugend sind von entscheidender Bedeutung. Ohne derartige Bemühungen bleibt das Risiko anhaltender Ernüchterung und Desinteresses hoch.

Indem Deutschland diese Herausforderungen angeht, hat das Land die Chance, seine Jugend wieder einzubinden und sie zu befähigen, sich aktiv an den demokratischen Prozessen zu beteiligen.

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