In einem sorgfältig koordinierten internationalen Schritt hat Bundeskanzler Friedrich Merz gemeinsam mit europäischen Staats- und Regierungschefs die seiner Meinung nach bedeutendste diplomatische Anstrengung der letzten Jahre unternommen, um den anhaltenden Krieg in der Ukraine zu unterbrechen. Bei einem hochrangigen Gipfeltreffen in Kiew schlug Merz gemeinsam mit seinen Amtskollegen aus Frankreich, Großbritannien und Polen Russland einen 30-tägigen bedingungslosen Waffenstillstand vor, um Raum für Friedensgespräche und eine politische Lösung zu schaffen.
Deutsche Regierungsvertreter bezeichnen den Vorschlag als diplomatischen Wendepunkt. „Wir stehen in dieser Forderung auf der Seite des amerikanischen Präsidenten“, erklärte Merz nach einer Telefonkonferenz mit Donald Trump und anderen Nato-Staats- und Regierungschefs. „Russland muss jetzt den ersten Schritt machen“, fügte er hinzu und betonte, dass künftige Unterstützung und Sanktionen an Bedingungen geknüpft seien.
Merz‘ Besuch in Kiew fällt mit dem Waffenstillstandsvorschlag zum Tag des Sieges zusammen
Der Zeitpunkt der Ankündigung ist bewusst gewählt. Russland hatte bereits um den 9. Mai einen symbolischen dreitägigen Waffenstillstand verkündet, um seinen jährlichen „Tag des Sieges“ zu begehen, der an den Sieg der Roten Armee über Nazideutschland erinnert. Der westliche Block konterte mit dem Vorschlag, den Waffenstillstand auf 30 Tage zu verlängern – nicht als symbolische Geste, sondern als diplomatisches Mittel, um den Weg für formelle Verhandlungen zu ebnen.
In Kiew machte Merz deutlich, dass die westliche Einheit stärker denn je sei: „Wir werden die Ukraine militärisch und politisch unterstützen. Wir ziehen uns nicht zurück. Dieser Krieg muss enden.“ Seine Äußerungen erfolgten nach persönlichen Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und einer Videokonferenz, an der geografisch weit entfernte Länder wie Neuseeland und Island teilnahmen. Dies demonstrierte eine seltene Bandbreite an Koordination zwischen Demokratien.
Sicherheitsgarantien und Sanktionen in der Schwebe
Sollte Moskau den Waffenstillstandsvorschlag ablehnen, warnen Merz und seine Verbündeten vor neuen, schärferen Sanktionen, die die Europäische Union bereits ausarbeitet. Zudem würde Deutschlands militärische Unterstützung für die Ukraine verstärkt. Bisher zurückgehaltene Systeme wie die Taurus-Marschflugkörper könnten auf dem Tisch liegen.
„Putin muss die Sinnlosigkeit einer Fortsetzung dieses Krieges erkennen“, sagte Merz während seines Kiew-Besuchs gegenüber deutschen Medien. „Es wird Konsequenzen haben, wenn diese Gelegenheit vertan wird. Wir sind bereit, gemeinsam und entschlossen zu handeln.“
Die europäischen Staats- und Regierungschefs prüfen zudem langfristige Sicherheitsgarantien für die Ukraine. Diese hängen zwar weiterhin von der Bereitschaft Russlands ab, die ukrainische Souveränität anzuerkennen, doch der Druck auf eine EU-Mitgliedschaft der Ukraine nimmt zu. Merz deutete an, dass die gemeinsamen Verteidigungsanstrengungen Jahrzehnte dauern könnten.
Eine koordinierte Reaktion des Westens – einschließlich Trump
Zu den unerwarteteren Aspekten dieser Initiative gehört die offensichtliche Unterstützung durch US-Präsident Donald Trump. Nach Gesprächen mit europäischen Staatschefs bestätigte Merz, dass Trump die Waffenstillstandsinitiative unterstützt und signalisierte, den Druck auf Moskau aufrechtzuerhalten.
Trotz früherer Spannungen zwischen Berlin und Washington will Merz auch den transatlantischen Handel stabilisieren. In seinem ersten Telefonat mit Trump nach der Wahl versuchte der Kanzler, die USA von der Einführung von Zöllen abzubringen und die Vorteile des Freihandels zu betonen – ein Zeichen dafür, dass Wirtschaftsdiplomatie neben militärischen und humanitären Bemühungen Priorität genießt.
80 Jahre seit der Niederlage der Nazis: Echos der Geschichte
Der Gipfel in Kiew fand an einem Tag von immenser symbolischer Bedeutung für Europa statt. In diesem Jahr jährt sich die Niederlage des Nazi-Regimes zum 80. Mal – eine Erinnerung, die auch die Gedenkveranstaltungen in Deutschland prägte. Im Bundestag warnte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Europa dürfe nicht zulassen, dass die aktuellen geopolitischen Aggressionen das historische Gedächtnis verzerren.
Da weder russische noch belarussische Diplomaten anwesend waren, konzentrierte sich die Gedenkfeier auf die Lehren aus der Geschichte und das Engagement für den Frieden. „Wir müssen militärisch stärker werden – nicht um Krieg zu führen, sondern um ihn zu verhindern“, erklärte Steinmeier und fügte hinzu, die Diplomatie müsse von glaubwürdigen Mächten getragen werden und dürfe nicht in die Hände von Akteuren mit rein eigennützigen Ambitionen gelegt werden.
Seine Worte waren pointiert. Ohne Trump direkt zu nennen, sprach Steinmeier von einem „doppelten Bruch in der Geschichte – dem Krieg in der Ukraine und der Wertekrise in Amerika“. Er tadelte Putin scharf für seinen Versuch, seinen Krieg in der Ukraine mit dem historischen Kampf gegen den Faschismus gleichzusetzen. „Dies ist keine Fortsetzung dieses Kampfes“, sagte der Präsident. „Es ist eine groteske Verzerrung.“
Deutschlands erneuerte demokratische Mission
Steinmeier nutzte den Jahrestag auch für einen breiteren demokratischen Appell. „Demokratie ist nie am Ende. Sie erfordert Anstrengung, Engagement und Erneuerung. Aber es gibt kein besseres System.“ Er rief alle politischen Kräfte in Deutschland dazu auf, Extremismus abzulehnen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken.
In einem nachdenklichen Moment sprach Steinmeier von „Hoffnung trotz aller Widrigkeiten“ und betonte, dass Freiheit und Demokratie nicht von anderen erwartet, sondern aktiv von innen heraus verteidigt werden müssten. „Wir alle sind Kinder des 8. Mai“, sagte er und forderte die Nation auf, weiterhin aus ihrer Vergangenheit zu lernen, um eine stabilere Zukunft zu gestalten.
Russland sieht sich zunehmender internationaler Isolation gegenüber
Der Ausschluss russischer Diplomaten von den Feierlichkeiten, verbunden mit scharfen öffentlichen Äußerungen von Merz und Steinmeier, unterstreicht die wachsende Kluft zwischen Moskau und der internationalen Gemeinschaft. Die Botschaft ist klar: Die revisionistischen Narrative und die anhaltende Aggression des Kremls werden nicht toleriert.
Dennoch bietet Merz' Vorschlag eine diplomatische Chance – sofern Moskau den 30-tägigen Waffenstillstand akzeptiert und echte Bereitschaft zum Engagement signalisiert. „Das ist nicht nur ein symbolischer Schritt“, betonte Merz. „Es ist eine koordinierte Chance. Und wir glauben, dass sie uns, wenn auch noch so klein, weiterbringen kann.“
Eine fragile Chance in einer kriegsmüden Welt
Trotz vorsichtiger Formulierungen ist die Dringlichkeit der Initiative unübersehbar. Diplomaten handeln zügig. Sanktionen werden vorbereitet. Militärlieferungen stehen in der Warteschlange. Und die öffentliche Stimmung in der gesamten EU zeigt Ermüdung durch anhaltende Kriegsführung, gepaart mit Angst vor einer Eskalation.
Ob der Waffenstillstand zustande kommt, hängt letztlich von einem Mann in Moskau ab. Doch in Berlin und Kiew herrscht Einigkeit: Dieser Krieg wird nicht mit Gewalt gewonnen – und man wird ihn nicht unwidersprochen weiterführen.