Wiesbaden unternimmt bedeutende Schritte, um in Deutschland zu einem Vorreiter bei der Entwicklung der Cannabisregulierung zu werden. Die Stadt hat offiziell ihre Absicht bekundet, an einem bundesweiten Modellprojekt teilzunehmen, das den Verkauf von Cannabisprodukten in örtlichen Apotheken ermöglichen würde. Diese vom Gesundheitsamt der Stadt vorangetriebene Initiative zielt darauf ab, eine kontrollierte und sichere Umgebung für den Cannabisvertrieb zu schaffen, wobei der Schwerpunkt auf der Eindämmung des illegalen Marktes und der Verbesserung der öffentlichen Gesundheitsmaßnahmen liegt.
Eine Verschiebung hin zu regulierten Cannabisverkäufen
Am 15. August 2024 unterzeichnete Wiesbadens Gesundheitsdezernentin Milena Löbcke offiziell eine Absichtserklärung und bekräftigte damit das Engagement der Stadt für das Modellprojekt. Ziel des Projekts ist es, den kontrollierten Verkauf von Cannabis in Apotheken zu testen, das nicht für medizinische Zwecke – in Apotheken bereits erhältlich –, sondern für den Freizeitgebrauch bestimmt ist. Die Initiative ist Teil einer umfassenderen Strategie zur Eindämmung des Schwarzmarkts und zur Gewährleistung, dass der Cannabisvertrieb hohen pharmazeutischen Standards entspricht. Dieser Ansatz zielt darauf ab, Cannabis auf sichere und regulierte Weise zugänglich zu machen und die mit unregulierten Produkten verbundenen Risiken zu verringern.
Bundesweite Kooperation und Forschung
Das Modellprojekt wird in Zusammenarbeit mit dem Verein „Cannabis Forschung Deutschland“ entwickelt und vom Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung in Hamburg wissenschaftlich begleitet. Das Projekt soll unter strengen Vorgaben der Bundesbehörden durchgeführt werden, insbesondere des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, das die endgültigen Rahmenbedingungen festlegen wird. Wiesbaden ist mit diesem Vorhaben nicht allein; mehrere weitere Kommunen aus dem Rhein-Main-Gebiet und ganz Deutschland haben Interesse bekundet, sich der Initiative anzuschließen.
In Wiesbaden wird das Projekt von der neu eingerichteten Cannabis-Koordinationsstelle im Gesundheitsamt eng begleitet. Sie soll sicherstellen, dass der Cannabis-Verkauf über Apotheken mit den Zielen der öffentlichen Gesundheit vor Ort im Einklang steht und in bestehende Präventionsprogramme der Suchthilfe integriert wird.
Den Schwarzmarkt im Visier
Einer der Hauptgründe für die Teilnahme Wiesbadens an dem Modellprojekt ist die Notwendigkeit, den illegalen Cannabismarkt einzudämmen. Durch das Angebot einer legalen und kontrollierten Alternative will die Stadt die Verfügbarkeit unregulierter Produkte reduzieren, die oft erhebliche Gesundheitsrisiken bergen. Löbcke betonte, dass die Schaffung eines regulierten Marktes durch Apotheken für den Schutz von Kindern, Jugendlichen und der öffentlichen Gesundheit im Allgemeinen von wesentlicher Bedeutung sei. Die Erfahrungen, die Apotheken bereits mit der Abgabe von medizinischem Cannabis hätten, seien eine solide Grundlage, um dieses Angebot unter strenger Aufsicht auf den Freizeitkonsum auszuweiten.
Das Projekt zielt auch darauf ab, eine zweite Säule des Cannabisvertriebs neben dem privaten Anbau und den Cannabisclubs zu etablieren, die zuvor legalisiert wurden. Dieser duale Ansatz wird als entscheidend für eine umfassende Strategie zur Kontrolle des Cannabisvertriebs und zur Verringerung des Einflusses des Schwarzmarkts angesehen.
Nächste Schritte für Wiesbaden
Obwohl die Absicht, sich an dem Modellprojekt zu beteiligen, klar zum Ausdruck gebracht wurde, hängt die vollständige Beteiligung Wiesbadens von der Genehmigung des Projekts durch die Bundesbehörden ab. Sobald der regulatorische Rahmen feststeht, wird die Stadt die nächsten Schritte einleiten, zu denen unter anderem der Aufbau der notwendigen Infrastruktur in den Apotheken sowie die Sicherstellung der Einhaltung der wissenschaftlichen und rechtlichen Anforderungen des Projekts gehören.
Die Teilnahme Wiesbadens an diesem Modellprojekt signalisiert einen bedeutenden Wandel in der Regulierung und Verteilung von Cannabis in Deutschland. Bei Erfolg könnte das Projekt als Vorbild für andere Städte und Regionen dienen und möglicherweise zu umfassenderen Änderungen der nationalen Cannabispolitik führen. Die proaktive Haltung der Stadt spiegelt ihr Engagement für innovative Strategien im Bereich der öffentlichen Gesundheit und ihre Vorreiterrolle bei der Modernisierung der Drogenpolitik in Deutschland wider.
Während das Projekt voranschreitet, wird es nicht nur von anderen Kommunen in Deutschland, sondern auch von internationalen Beobachtern, die an den Ergebnissen solcher Regulierungsexperimente interessiert sind, aufmerksam beobachtet. Die Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit, den legalen Markt und die breiteren gesellschaftlichen Auswirkungen des regulierten Cannabisverkaufs werden entscheidende Faktoren für den Erfolg des Projekts und seine mögliche Ausweitung im ganzen Land sein.